Taktik und Strategie in der Insolvenzvermeidung
In die Insolvenz gehen jährlich über 20.000 Unternehmen. Neben Forderungsausfällen, Eigenkapitalschwäche, Umsatzrückgänge und konjunkturellen Entwicklungen gibt es aber einen Faktor, der noch viel wichtiger ist und sehr häufig sträflich vernachlässigt wird: den Zeitpunkt. Die Insolvenzvermeidung ist in den meisten Fällen durchaus möglich, wenn rechtzeitig gehandelt würde. Die wirtschaftliche Krise des Unternehmens kündigt sich in den seltensten Fällen über Nacht an, also Zeit ist genügend vorhanden, um die richtigen Maßnahmen zu treffen.
Rechtzeitiges Handeln lässt fast jede Hürde nehmen Bild: Gerd Altmann/Shapes:SadMonkey / pixelio.de"Ich schaff das schon irgendwie", ist die meistgebrauchte Durchhalteparole, um sich selber aus der Krise zu ziehen. Es werden selbstverständlich alle Anstrengungen unternommen, um das Desaster zu vermeiden. Aber in der Umsetzung hapert es häufig an der Verhaltensänderung oder es wird das Gesamtausmaß der wirtschaftlichen Schieflage unterschätzt.
Das Privatvermögen wird in das Unternehmen gestecktUm eine sich androhende Insolvenz zu vermeiden, werden in zunehmender Folge der Entwicklung immer mehr Mittel in das Unternehmen gesteckt, um die Defizite auszugleichen. Das kann bei inhabergeführten Unternehmen soweit gehen, dass sogar das gesamte Privatvermögen in das Unternehmen investiert wird, ohne dass eine gewinnbringende Strategie in der Unternehmensausrichtung erkennbar ist. Erst wenn fast gar nichts mehr geht, wird Ausschau nach einer Hilfe gehalten. Dann gilt es schnell und überlegt zu handeln.
MaßnahmenDie erste Maßnahme ist eine Schnellanalyse, um einen Überblick zu erhalten, wie es um das Unternehmen tatsächlich bestellt ist. Die Höhe der tatsächlichen Gesamtverbindlichkeiten fällt dann meist höher aus, als hochgerechnet. Folgende Bereiche werden insbesondere unter die Lupe genommen:
1. Darlehensverträge
2. Finanzamt + AOK
3. Verbindlichkeiten
4. Kostenstruktur
5. Liquidität
6. Offene Forderungen
7. Marktmöglichkeiten
8. Privates Vermögen
Der möglicherweise rettende Plan ergibt sich aus den Ergebnissen der Analyse. Die Reihenfolge der jetzt durchzuführenden Maßnahmen hängt davon ab, wo es am stärksten brennt. Für Sie bedeutet es, dass Sie aus der Schusslinie genommen werden. Wichtige Gespräche, vor allem mit Gläubigern, führen Sie nicht mehr alleine, sondern sind mit einem entsprechenden Briefing eher die Begleitperson. Ab diesem Zeitpunkt gilt es zwar zügig, aber mit Bedacht vorzugehen.
Taktik und Strategie - das Einkaufen von ZeitNicht Geld ist jetzt das Wichtigste, sondern frisch eingekaufte Zeit, damit Ihnen niemand das Unternehmen zuschließt. Sie werden überrascht sein, wie entgegenkommend Finanzämter, Sozialversicherungsträger und Gläubiger werden können, wenn man sie mit dem richtigen Ton um Unterstützung bittet und ihnen gleichzeitig einen Wirtschafts-
und Zahlungsplan vorlegt.
Frage nur, wenn Du die Antwort kennst. Diese alte Gerichtsregel hat auch in diesem Zusammenhang seine Gültigkeit. Jeder Gesprächspartner möchte wissen, wie es zu dieser brenzligen Situation kommen konnte und vor allem: Wie sieht der Plan aus, um aus der Misere wieder rauszukommen. Sie werden also eine Geschäfts-Konzeption benötigen, die gesunde, schwarze Zahlen schreibt. Das ist jetzt die Aufgabenstellung, die möglichst schnell umgesetzt werden muss.
Hinweis: Vorsicht vor dem Firmenverkauf als schnelle "Lösung". Da kommt die Staatsanwaltschaft schneller auf Sie zu, als Sie denken.
Roland Börck